Die Bernd-Siefert-Story

Bernd Siefert konnte kaum laufen, geschweige denn über den Rand eines Arbeitstresens gucken, da stand er schon in der Backstube der elterlichen Konditorei. Die Faszination für frische Lebensmittel und was man damit anstellen kann, wird den Sieferts sozusagen seit Generationen in die Wiege gelegt. Das in dem kleinen Bernd allerdings ein ganz außergewöhnliches Talent schlummert, war zu diesem Zeitpunkt noch nicht zu erahnen.

Bereits in der Schulzeit zeigte sich bei Bernd eine ausgeprägte künstlerische Ader. Besonderes Talent zeigte er bei der detailgetreuen Anfertigung von Skizzen und Zeichnungen aber auch seine musikalischen Neigungen stellten sich zu diesem Zeitpunkt bereits klar heraus. „Eigentlich wollte ich nach der Schule Kunst studieren“, sagte er später in einem Interview, „aber den Praktiker in mir hielt es nicht bis zum Abitur auf der Schule.“

Bernd Siefert wollte hinaus in die Welt, wollte seine kreative Ader ausleben und entschloss sich nach der mittleren Reife, mit einer Ausbildung zum Konditor, den Grundstein hierfür zu legen. Eins war jedoch von Anfang an klar: Mittelmaß war nicht Bernds Ziel. Er wollte der Beste werden. So absolvierte er bereits während der Lehre Zuckerkurse beim legendären Willy Pfund, gewann seine erste Goldmedaille auf der Intergastra in Stuttgart und schloss die Ausbildung folgerichtig als Bester seines Jahrgangs ab. Sich mit anderen zu messen entwickelte sich zu einer Leidenschaft. Teils alleine, teils mit Vater Wilhelm und später zu dritt mit Schwester Astrid, tauchte der Name Siefert fortan regelmäßig in den Siegerlisten angesehener Fachveranstaltungen auf. Die große Karriere musste allerdings noch ein wenig warten denn zunächst verlangte die Bundeswehr nach dem Einsatz eines knapp 2 Meter großen Multitalents (Funker, Schweißer, Fahrer etc.).

Nach dem Bund zog es Bernd Siefert zunächst ins Ausland. Die Etappen dieser Reise lesen sich wie das Who-is-Who der Confiserie: Fauchon, Crillon, Mulot, Dammans etc… Zurück in Deutschland stand der letzte entscheidende Schritt bevor.1990 erhielt Bernd Siefert im Alter von 23 Jahren den Meisterbrief der Konditoreninnung. Den Feinschliff in italienischen Konditoreitechniken holte sich Siefert im Anschluss in der Meisterschule in Alassio. Natürlich war längst klar, dass Bernd einmal die traditionsreiche Familienkonditorei im heimischen Michelstadt übernehmen sollte. Nach dem Motto: „Halbe Sachen zählen nicht“, bereitete sich Bernd hierauf vor und legte die Prüfung zum Betriebswirt des Handwerks in Frankfurt ab.

Der gleiche Wissenshunger der ihn noch heute antreibt, trieb ihn immer wieder in Seminare und Fortbildungen bei den Großen der Zunft. Parallel wurden weiterhin Wettbewerbe bestritten, man wollte ja nicht aus der Übung kommen. 1993 war Bernd Siefert dann Mitglied des deutschen Teams beim Coup du Monde de la Pâtisserie, 1994 wurde er in den CondiCreativClub aufgenommen. In diesem Jahr begannen auch bereits die Vorbereitungen für den Wettbewerb der Wettbewerbe: Die Weltmeisterschaft. Zusammen mit Freund und Kollege Manfred Bacher wollte Bernd 1995 in Mailand den Sieg erringen und den Titel nach Deutschland holen.

Am Ende stand der 5. Platz für das deutsche Team zu Buche. Die verpasste Podestplatzierung ließ sich verschmerzen denn Bacher/Siefert erhielten mit dem Weltinnovativpreis eine viel beachtete Auszeichnung und stahlen den Siegern teilweise die Schau. Außerdem war Bernd wenige Wochen zuvor zum ersten Mal Deutscher Meister der Konditoren geworden. Diesen Titel verteidigte er sechsmal in Folge. Ein einzigartiger Rekord.

Später im Jahr folgte der nächste große Titel: Siefert gewann die Swiss Sugar Art Trophy in Basel.

1996 wurde Bernd in das Jungmeisterforum der deutschen Konditoren aufgenommen und schon wieder begann das Kribbeln, denn dieser eine Titel, das Ziel seit Beginn der Ausbildung, „Weltmeister der Konditoren“, „World Pastry Champion“, „Champion du monde de la Pâtisserie“, dieser eine Titel musste gewonnen werden. Und diesmal wurde nichts dem Zufall überlassen.

Die Hilfe von Sponsoren ermöglichte es Siefert & Bacher, sich fernab vom Tagesgeschäft Ihrer Konditoreien, konzentriert und zielgerichtet auf die Weltmeisterschaft 1997 in Stuttgart vorzubereiten. Am 05.02.1997, nach 3-tägigem Wettkampf und um 6 Kilogramm leichter, war das Ziel erreicht. Siefert/Bacher waren Weltmeister.

Im Stile eines Champions und dem Vorbild Franz Beckenbauers folgend, entschied sich Bernd Siefert, von nun an keine Wettbewerbe mehr zu bestreiten und seine Erfahrung dem Nachwuchs als Trainer zur Verfügung zu stellen. Des Weiteren lockten nun zahlreiche internationale Firmen mit lukrativen Aufträgen und Reisen um den Globus waren schon immer des Bernds zweitliebstes Kind.

2004 kam Sohn Leon zur Welt, 2006 folgte mit Mika Sunny ein weiterer Junge.

Aber es gab noch andere Hobbys und es wurde höchste Zeit der Familie ein standesgemäßes Nest zu bauen. Der seit über 250 Jahren in Familienbesitz befindliche Fachwerkhof im Herzen von Michelstadt wurde unter strengen Auflagen des Baudenkmalschutzes entkernt und in ein Wohnhaus mit angrenzendem Seminarzentrum umgebaut. Die Backstube des im Vorderhaus befindlichen Café Siefert befindet sich im Erdgeschoss.

Der große familiäre Rückhalt (Schwester Astrid kümmert sich federführend um die Konditorei, die Eltern um das Cafe und Isabel führt das Büro), erlauben es Bernd Siefert weiterhin „Hans Dampf in allen Gassen“ zu sein, doch würde er in Zukunft gerne mehr als nur 2 Monate im Jahr in Michelstadt verbringen. Der Erfolg des Seminarzentrums schreit nach Ausweitung des Programms und somit kann man davon ausgehen, dass Bernd Siefert auch in diesem Jahr auf dem Michelstädter Weihnachtsmarkt (einer der schönsten in Deutschland) persönlich hinter dem Tresen steht und interessierten Besuchern das Geheimnis seines Rosmarinstollens erklärt.

Ein Weltmeister zum anfassen. Mittlerweile kann er auch über den Tresen schauen.